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Presse  »  Mi, 26/08/2020

Geburtsstunde der Offenen Jugendarbeit in Südtirol

Und die Rolle junger Aktivist*innen


In politischen Diskursen fühlen sich junge Menschen oft unterrepräsentiert und nicht gehört, wobei es vielen von ihnen am Herzen liegt sich mit bestimmten Themen auseinanderzusetzen und ihren Beitrag zu leisten. Aktivismus ist einer der Wege den junge Menschen beschreiten um sich Gehör zu verschaffen.

Durch organisiertes Handeln wird versucht Veränderung hervorzurufen. Jugendliche setzen sich dabei nicht nur für Themen vor Ort, sondern auch für globale Anliegen ein. Heute spielen soziale Medien in der Organisation und beim Schaffen von Sichtbarkeit eine große Rolle, aber soziale Bewegungen dieser Art gab es schon lange vorher.
Ab Ende der 1960er Jahre sind z.B. die Frauen-, die Friedens- und die Umweltbewegung erblüht. Einige kamen, wenn auch etwas zeitversetzt, auch in Südtirol an. Erste Anzeichen dafür zeigten sich bei Veranstaltungen wie dem „Free Festival“ 1970 am Schlossberg, bekannt als eines der allerersten Rock Open Airs in Oberitalien. Organisiert wurde es, inspiriert von den großen Festivals dieser Zeit (z.B. Woodstock), von Karlheinz „Kalle“ Ausserhofer und seinen Freunden.
Aktivismus spielte auch eine bedeutende Rolle, wenn es um den Werdegang der Offenen Jugendarbeit, sprich der Jugendzentren, Jugendtreffs und Jugendkulturvereine, in Südtirol geht. Die ersten Initiativen für Offene Jugendarbeit gab es ab Mitte der 1970er Jahre, ausgehend von lokalen Gruppierungen, die neue Freiräume für junge Initiativen beanspruchten. Die Besetzung des Ex Monopolgebäudes in Bozen durch verschiedene alternative Vereine im Jahr 1979 gilt als der Höhepunkt dieses Engagements und steht stellvertretend für die Jugendzentrumsbewegung in Südtirol, die gekennzeichnet war von einem starken Bedürfnis nach Autonomie, nach Freiraum und nach einer Alternative. Das Jugendkollektiv Lana, das Jugendzentrum Latsch, die „Admirals“ von Tramin, die „Bude“ in der Streitergasse in Bozen, die „Alte Turnhalle“ in Bruneck, die Jugendlichen vom „Mäuerchen“ vor dem Kurmittelhaus in Meran und viele mehr, stehen für eine Jugendbewegung, die sich von den traditionellen Jugendgruppen, Jugendorganisationen und Jugendverbänden abheben und sich selbst als autonome Kulturakteure in Südtirol betätigen wollte. Ihnen fehlten Räume für kreativen Ausdruck abseits der offiziellen (Volks)Kultur. Die Jugendlichen lehnten sich gegen die Erwachsenengesellschaft auf, mit der sie sich nicht identifizieren konnten und schafften es durch ihr Aufbegehren den Lauf der Geschichte zu gestalten.
Nun feiern manche der daraufhin entstandenen Jugendtreffs und Jugendzentren bereits ihr 30 jähriges Bestehen und eines ist nach wie vor klar: Junge Menschen brauchen Freiräume um ihre soziale, individuelle und kulturelle Identität erkennen und gestalten zu können. So können sie gestärkt ihre Lebenswelt zum positiven verändern.
Durch das Internet und starke internationale Communities laufen heute viele Aktionen parallel ab. Ob „Black Lives Matter“, die vor kurzem ihr Statement gegen Rassismus auch auf dem Bozner Walterplatz setzten, oder „Fridays For Future“, die sich weltweit aber auch in Südtirol für Klimaschutzmaßnahmen einsetzen, treibende Kraft dieser Bewegungen sind nach wie vor junge Menschen. Die (Offene) Jugendarbeit sieht es als ihre Aufgabe ihnen Räume zu verschaffen (digital, in Medien, im öffentlichen Raum, in Jugendzentren) und sie in ihrem Aktivismus zu unterstützen.
Simon Feichter