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Story  »  Di, 04/04/2023

Nicht (nur) über Arbeit definiert!

Gen Z in der Arbeitswelt


Der Generationenbegriff wie ihn Karl Mannheim geprägt hat, zeichnet sich durch gemeinsame Charakteristika aus, die auf demographische, wirtschaftliche, kulturelle und ökologische Verhältnisse zurückgehen. Das Konzept definiert grundsätzlich eine große Gruppe von Personen ungefähr gleichen Alters, geboren und aufgewachsen unter ähnlichen gesellschaftlichen Umständen - aber ganz so deutlich und klar ist es natürlich nicht.

Generell muss festgehalten werden, dass sich jedes Individuum selbstständig entwickelt und eigene Werte und Lebensziele ausprägt. Außerdem lassen sich Generationen nicht strikt nach Geburtenjahrgängen klassifizieren. So zum Beispiel die Gen Z: mal sind sie zwischen 1995 und 2010 geboren, mal ab 1996 oder 1997. Eine absolut klare Trennung ist nicht möglich, die Übergänge sind fließend. Das bedingt Komplexität.

Die Befürworter*innen von Generationenbegriffen gehen davon aus, die Komplexität des Geschehens in Kategorien nachvollziehen zu können sowie klare Unterschiede zwischen den Mittelwerten (die sog. Intergenerationsdifferenz) der verschiedenen Generationen festzustellen zu können. Dagegen geben die Kritiker*innen an, dass sich die Realität nicht wirkungsvoll in Generationen darstellen lässt, weil sie jeglicher Kategorisierung aufgrund ihrer Überkomplexität entbehrt. In sozialwissenschaftlicher Hinsicht – laut Organisationssoziologe Marcel Schütz – sind Generationenkonzepte überflüssig, «denn sie lassen sich nicht bestätigen. Eine wirklich soziologische Bearbeitung des Themas wäre zu riskant und kompliziert», bekräftig er in einem Interview mit Sabine Hockling auf „Zeit Online“.

Dennoch kann die Einteilung in verschiedene Generationen sinnvoll sein, wenn man dabei versucht lediglich einige Hauptmerkmale zu benennen.
Seit 2007 gibt es das iPhone und seitdem verhalten sich die Menschen anders; grundlegend verändert hat sich wie wir kommunizieren und einkaufen, uns informieren und organisieren, uns unterhalten und gegenseitig beeinflussen. Dies hat sicherlich einen großen Einfluss auf die älteren Generationen (Babybommer, X und Y) und erst recht auf die jüngeren (Z und Alpha). Ein relevanter Unterschied dabei ist, dass diejenigen, die vor 2000 geboren sind, die prägendsten Jahre ihrer Biografie noch ohne Smartphone erlebt haben. Ein großer Teil der Vertreter*innen der Gen Z sind hingegen die Ersten, die mit dem Smartphone aufwuchsen.

Welche Folgen das auf zukünftige Arbeitsverhältnisse (hybrides Arbeiten, individuelle, flexible Arbeitsmodelle, flache Hierarchien, Feedback-Kultur, usw.) haben wird, ist noch völlig offen, zumal die Gen Z ein bedeutender und wachsender Teil der Arbeitswelt ist. Es gibt noch wenige Studien zu ihrem Verhalten am Arbeitsplatz, dennoch kann man versuchen eine Reihe von Merkmalen festzulegen, die beschreiben, wie die heutige Jugend der Arbeitswelt begegnet.

An erster Stelle steht der alltägliche ununterbrochene Umgang mit Technik und sozialen Medien. Unzählige Informationen sind heutzutage innerhalb kürzester Zeit verfügbar, Personen sind dauernd miteinander vernetzt. Die Realität – und somit auch das Arbeitsleben – ist mit dem Digitalen verschmolzen, die jungen Leute sind es gewohnt sofort Rückmeldungen zu erhalten. Auch am Arbeitsplatz fordern sie zeitnahe, sichtbare Ergebnisse sowie laufendes Feedback. Auf eine Bewerbung erwarten Kandidat*innen dieser Generation ein rasches Feedback, ebenso erwarten dies Mitarbeiter*innen für eine erledigte Aufgabe. Um dieser Herausforderung zu begegnen, erstellen und entwickeln derzeit immer mehr Führungskräfte die sogenannte Feedback-Kultur, d.h. regelmäßige Rückmeldungen an Mitarbeitende zur Leistung, zur Arbeitsweise, zum Verhalten oder zur Wirkung auf andere.

Zweitens ist Arbeit nicht alles für die Gen Z. Im Unterschied zu ihren Eltern, fällt es ihnen oft schwer sich an ein Unternehmen zu binden, weil sie sich weitgehend über Freizeit und soziale Kontakte definieren. Beziehungen, Hobbys und Gesundheit repräsentieren mittlerweile einen Schwerpunkt in ihrem Alltagsleben. Außerdem wird ihnen eine geringe Loyalität dem Arbeitgeber gegenüber zugeschrieben, sowie weniger Interesse an der Übernahme von Führungspositionen und am Leisten von Überstunden. Laut den Ergebnissen der aktuellen Deloitte-Studie zur Arbeitswelt (Gen Z & Millennial Survey, 2022), wollen fast 40 % der Befragten Gen Zers ihren Arbeitsplatz in den nächsten zwei Jahren aufgeben, 39 % würden dies sogar tun, ohne eine neue Anstellung in Aussicht zu haben. Nur ein Viertel kann sich vorstellen mehr als fünf Jahre zu bleiben. Die Hauptursachen dafür sind neben einem hohen Stresslevel und der Angst vor dem Ausbrennen, geringe Bezahlung, Sinnsuche in der Arbeit und Perspektivlosigkeit.
Trotzdem spielt die Arbeit weiterhin eine wichtige Rolle in ihrer Existenz, aber sie sind nicht immer und überall bereit, ihr Berufs- und Privatleben zu vermischen. Anders als die Millennials unterscheiden Gen Zers wieder mehr zwischen Arbeit und Privatleben. Feste Abgrenzungen sowie klare Strukturen werden wieder vermehrt gefordert. Den Laptop nach der Arbeit mit nach Hause zu nehmen, ist kein Muss mehr. In diesem Sinne ermöglicht der ideale Job die Vereinbarkeit von Familie, Freundschaften, Freizeit und Arbeit. Viele Gen Zers haben die Corona-Jahre dazu genutzt, abzuwägen, welche Prioritäten sie in der Zukunft setzen wollen. Als Konsequenz ist auch der Wunsch nach hybriden Arbeitsformen deutlich gestiegen. Rund drei Viertel der Befragten in der genannten Studie wünschen sich mehr Remote Working und flexible Arbeitszeiten. Kurz gesagt: für Gen Zers ist das Work-Life-Balance-Konzept zentral, sie sind offenbar nicht mehr bereit darauf zu verzichten.

Drittens ist die Gen Z durch andere Erwartungen, eine andere Weltsicht und andere Wertemuster geprägt. Sie wuchs in einem extrem wandelbaren und ungewissen Kontext auf und beschäftigt sich mit zahlreichen Herausforderungen im Arbeitsalltag, die für ältere Generationen neu sind, unter anderem die Umweltkrise, Flexibilität und Wechselhaftigkeit, Diversität und Gerechtigkeit, körperliche und mentale Gesundheit. Arbeitnehmende der Gen Z erwarten von ihren Arbeitsgeber*innen mehr Engagement für Klimaschutz und Nachhaltigkeit, ehrlichere Beziehungen und flexiblere Arbeitsformen. Gleichzeitig sind sie auf der Suche nach einem Job, in dem sie sich selbst verwirklichen können, eine faire Bezahlung bekommen sowie berufliche Entwicklungsmöglichkeiten und eine wertschätzende und vorurteilsfreie Unternehmenskultur vorfinden.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass Gen Zers den Blick zum einen auf sich selbst – auf eine gesunde, erfüllte und eigenständige Existenz – wenden, zum anderen beschäftigten sie sich auch mit den großen gesellschaftlichen Themen und stehen laut und stark für neue Lebensperspektiven ein.

Silvano Serpagli
JugendCoachingGiovani