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Presse  »  Di, 18/12/2018

Statement zur Situation der Offenen Jugendarbeit im Schlerngebiet

Ausschreibung und Jugendarbeit sind nicht vereinbar


Strategische und finanzielle Unsicherheit, fehlende Wertschätzung seitens der Gemeindevertreter und mangelhafte Kommunikation mit denselben haben den Verein Allesclub dazu bewogen seine Mitarbeiter*innen zu kündigen.

Ein Schritt den das netz | Offene Jugendarbeit aus menschlicher Sicht nachvollziehen kann. Wir bedauern ihn aber sehr, er geht auf Kosten ehrenamtlichen Engagements und wird auf dem Rücken junger Menschen ausgetragen. Die Gemeinden Kastelruth und Völs haben sich dadurch die Möglichkeit verbaut beständige Beziehungsarbeit mit jungen Menschen gewährleisten zu können – das ist das Um und Auf in der Begleitung junger Menschen. Wir sind überzeugt, dass das Engagement des Allesclub nicht von heute auf morgen verpuffen wird. Die Stärke des Vereins liegt, wie in allen Jugendzentren und -treffs des Landes, neben den beruflichen Mitarbeiter*innen vor allem in seinen ehrenamtlichen Vorständen und zahlreichen Unterstützern, die aus der Basis einer jeden Gemeinde heraus agieren. Es sind Mütter und Väter, junge Menschen, kreative Köpfe, Gestaltungsfreudige und engagierte Multiplikatoren im Dorf. Gemeinsam sind sie Motor für Innovation, Kultur und all das was eine Gemeinde lebenswert macht. Der Allesclub ist, nach wie vor, ein südtirolweites Vorzeigemodell gemeindeübergreifender Vereinsarbeit, die im Zeichen einer Kultur der Zusammenarbeit steht. Der Verein führt vier Jugendtreffs, den gleichnamigen Allesclub in Kastelruth, die WG in Seis, die Insel in Völs und das Helium in der Völser Aicha. Wir als netz wünschen uns, dass der Dialog zwischen den Gemeinden und dem Allesclub unverzüglich wieder aufgenommen wird, und zwar im Sinne einer wertschätzenden und zukunftsorientierten Zusammenarbeit. Offene Jugendarbeit muss in jeder Gemeinde des Landes seinen Platz haben, dies gilt gerade für die Gemeinde Kastelruth, da sie eine Schlüsselgemeinde in ihrem Einzugsgebiet ist. Das ist so, nicht nur weil wir uns das wünschen, sondern weil das „Landesgesetz Nr. 13“ dafür die gesetzliche Grundlage liefert. Es sieht die Förderung von Jugendzentren und Jugendtreffpunkten in Gemeinden mit Mittelpunktfunktion vor. Diese Infrastruktur soll von beruflich tätigen pädagogischen Fachkräften geleitet werden. Zusätzlich wurde im heurigen Jahr das „Jugendförderungsprogramm“ von den Gemeindejugendreferenten in Zusammenarbeit mit allen Jugendorganisationen Südtirols überarbeitet und von der Landesregierung verabschiedet. Auch in diesem Papier ist die Offene Jugendarbeit, ein Handlungskonzept das europaweit Anwendung findet, fest verankert. In vielen Gemeinden Südtirols funktioniert die Kooperation mit den Jugendzentren und -treffs ausgesprochen gut, man entwickelt gemeinsam Projekte und Programme für junge Menschen und erkennt das emanzipatorische und gestalterische Potenzial sowie die Fähigkeiten und Fertigkeiten von Jugendlichen an. Ein weiteres Grundlagenpapier, das „Leitbild der Jugendarbeit in Südtirol“ – ein von allen Trägern der Südtiroler Jugendarbeit unterzeichnetes Papier – sieht Folgendes vor: „Die Jugendarbeit unterstützt und fördert junge Menschen in ihrer persönlichen Entwicklung und Sozialisierung. Dadurch trägt sie zur Stärkung der Selbstwirksamkeit, der Selbstreflexion und der Mitverantwortung im sozialen Umfeld und der Gesellschaft bei.“ Offene Jugendarbeit kann folglich nicht, wie von den Gemeinden Kastelruth und Völs vorgesehen, als Dienstleistung ausgeschrieben werden. Sie ist zivilgesellschaftliches Engagement von jungen Menschen für junge Menschen. Eine Ausschreibung stünde im Widerspruch zu ihren qualitativen, freien, partizipatorischen und demokratischen Grundwerten. Die sinnvolle Adaption der Offenen Jugendarbeit auf die Herausforderungen in den Gemeinden kann nur im Dialog geschehen.

Zur Vorgeschichte: