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Story  »  Fr, 21/12/2018

Jugendmedienkonsum

Pornografie


Digitale Medien sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Jugendliche werden mit Smart-phone, Apps und Internet erwachsen. Der Zugang zu unzensierten Netzinhalten ist für Jugendliche heutzutage sehr viel leichter, als noch vor 15 Jahren. Parallel dazu wächst das Angebot an pornografischen Inhalten im Internet. Das Risiko, gewollt oder ungewollt, in Kontakt mit Pornografie zu kommen, ist heute Teil der Medienrealität von Jugendlichen.

Der erste Kontakt findet durchschnittlich im Alter von 14,5 Jahren statt, vornehmlich am Computer oder Smartphone (70%). Es gibt deutlich mehr männliche als weibliche Nutzer*innen. Laut der Studie „Jugend, Internet und Pornografie“ von 2017, sind bereits die Hälfte der Jugendlichen zwischen 14 bis 20 Jahren mit hardcore-pornografischen Inhalten (d.h. Bilder oder Filme, in denen entblößte Geschlechtsorgane zu sehen waren) in Kontakt gekommen.

Was bringt gezeigte Sexualität den Jugendlichen?

Pornografie bringt Aufklärung. Sex ist häufig noch ein Tabuthema und es ist tabu zu behaupten, dass er eines ist. Die allgegenwärtige, mediale Präsenz von Sex und Pornografie vermittelt den Eindruck, dass mittlerweile alle entspannt und frei über Sex, Lust und Erregung sprechen könnten, dem ist leider nicht so. Viele Erwachsenen überlassen die Wissensaneignung den Jugendlichen selbst. „Pornografie kann für Jugendliche, vorwiegend für Jungs, durchaus nützlich sein: Sie bieten beispielsweise die Möglichkeit, nackte weibliche Körper und sexuelle Praktiken zu sehen und zu studieren- das macht Jungen kompetent“, so der Sozial- und Sexualwissenschaftler Reinhard Win-ter.

Pornografie bringt Erregung. Sie regt die Fantasie an und bringt Jugendliche in Kontakt mit sich und ihren Lustbedürfnissen. Findet der Konsum gewollt statt, so empfanden laut der Studie 41% der Jugendlichen Erregung. Fand der Kontakt mit pornografischem Inhalt ungewollt statt, betraf er nur 18%. Männliche Jugendliche trauen sich häufig extremeres Pornomaterial zu, als sie verarbeiten können, deshalb benötigen sie mehr Schutz. Mädchen sollten hingegen dahingehend gefördert werden, sich mehr zuzutrauen, um ihren Erfahrungsbereich zu erweitern.

Pornografie bringt Konfrontation mit Freunden mit sich. Wer Pornografie konsumiert und darüber spricht, weißt sich selbt als sexuell interessiert, reif und modern aus. Das hilft Jugendlichen, eine bestimmte soziale Position innerhalb der Peergruppe einzunehmen.

Pornografie vermittelt auch Märchen, Mythen und Fehlbehauptungen. Deshalb benötigen Jugendliche mehr Informationen in Form von Gesprächen und durch sexualpädagogische Angebote. Jugendliche müssen auf Schieflagen und Risiken aufmerksam gemacht werden. Gewalt, Abwertung, Ausbeutung, Standardisierung von Sexualität, Ekelgefühle und Leistungsdruck müssen thematisiert werden.

Pornografie bringt Reizüberflutung. Der Konsum kann schlechte Gefühle, Sucht, schlechtes Gewissen, Überwältigung und Leistungsdruck gegenüber sich selbst und anderen auslösen. Durch diesen Leistungsdruck wird es schwierig für sie, sie selbst zu sein. Ebenso kann dieser Druck der Partnerin oder dem Partner übertagen werden, weil die Jugendlichen denken, sie oder er will eine sexuelle Handlung genauso, wie es im Porno dargestellt wird.

Pornografie erzeugt Reaktionen wie Belustigung, Eckel und Empörung und führt vor allem beim Erstkontakt mit visualisierter Sexualität dazu, dass Jugendliche das Erlebte besprechen wollen. Zumindest laut Studie sei das so bei mehr als der Hälfte der befragten Jugendlichen. Keine gute Voraussetzung für entspannte, lustvolle und befriedigende Sexualität ist, wenn Jungs keinen Raum innerhalb ihrer Peergruppe haben offen über Sexualität und Gefühle zu sprechen.

Was bedeutet das für die Pädagogik?

Wissend, dass Pornos spätestens für ältere Jugendliche zum Alltag und zur Normalität gehören, braucht es ein pädagogisches Setting, indem über diese Tabuthemen gesprochen werden kann.

Kommunikation ist eine wesentliche Komponente der Sexualerziehung. Unabhängig davon, ob ich als Jugendarbeiter*in, Pädagog*in oder Elternteil Pornografie gut oder schlecht heiße, ist es wichtig mit den Jugendlichen darüber zu reden, zu reflektieren, sie zu begleiten und sie nicht allein zu lassen.

Dazu braucht es fundiertes Vorwissen zum Thema, Eigenreflexion und Selbstevaluation, intensive Auseinandersetzung mit dem Thema und hohe Sensibilität gegenüber Jugendlichen. Ist dies gegeben können die Jugendlichen dort abgeholt werden, wo sie stehen und die nötige Unterstützung erfahren, die sie benötigen.

Methodenheft mit Arbeitsmaterialien zur Selbstreflexion, aber auch zum konkreten Arbeiten mit den Jugendlichen: Let's talk about Porno! Jugendsexualität, Internet und Pornographie 

Sexualpädagogischen Workshopreihe für Jugendliche zum Thema Pornografie, Beziehung und Körper: Bestärkt und Beflügelt