Nach offiziellen Schätzungen erlebt jede dritte Frau (35%) körperliche und/oder sexuelle Gewalt in der Partnerschaft oder durch andere Personen. Jeden dritten Tag wird eine Frau in Italien von ihrem Lebensgefährten oder Partner ermordet. In über 73% der Fälle geben die Frauen mit häuslichen Gewalterfahrungen an, dass sie mit ihren Kindern und Jugendlichen im selben Haushalt lebten. Häufig erleiden die jungen Menschen dabei selbst Gewalt oder beobachten diese. In jedem Fall hat es schwerwiegende Folgen für deren eigene Entwicklung.
Jugendliche befinden sich in einer besonderen Entwicklungsphase mit spezifischen Aufgaben und Herausforderungen. Neben den körperlichen Veränderungen, der Identitätsentwicklung, den bedeutenden Bildungsentscheidungen die in dieser Zeit getroffen werden, entstehen ihre eigenen ersten intimen Freundschaften, Partnerschaften und sexuellen Beziehungen. Häusliche Gewalterfahrungen sind insbesondere in dieser Phase ein extremer Stressor und haben Auswirkungen auf viele Entwicklungsbereiche der jungen Menschen.
Sie benötigen daher Unterstützung, Stärkung und Perspektiven, die die Hilfesysteme, uns als Jugendarbeit und Frauenhausdienste vor besondere Aufgaben stellt.
- Wie sieht die Verbleibsituation von Kindern und Jugendlichen aus, wenn diese vor der häuslichen Gewalt ins Frauenhaus flüchten?
- Wie wird im Beratungskontext in dieser besonderen Situation mit Kindern und Jugendlichen und deren Gewalterfahrungen umgegangen?
- Gibt es ausreichend Unterstützung und Begleitung oder benötigen wir neue Ansätze und Kooperationsformen?
In einem digitalen Austauschformat wird es am 11.11.2021 von 9.30 Uhr bis 13.00 Uhr ein Gespräch geben, bei dem die Teilnehmer*innen aus der Jugendarbeit und den Frauenhausdiensten mit Expert*innen die Situation der Kinder und Jugendlichen im Kontext von Partnerschaftsgewalt in Südtirol betrachten. Anschließend gibt es die Möglichkeit des Austausches in Kleingruppen und zur regionalen Vernetzung.
Ziele: Die Teilnehmer*innen werden für die besondere Situation von Kindern und Jugendlichen im Kontext von Partnerschaftsgewalt sensibilisiert. Bedürfnisse und Bedarfe der männlichen und weiblichen Jugendlichen werden konkretisiert und entsprechende erste Ideen und Handlungsperspektiven von den Teilnehmer*innen erarbeitet.
Zielgruppe: Mitarbeiter*innen der Jugendarbeit, Frauenhausdienste und Kontaktstellen gegen Gewalt, centri antiviolenza
9.30 Uhr
- Begrüßung, Organisatorisches
Birgit Schwarz, netz I Offene Jugendarbeit, Leitung Genderfachkreise der Jugendarbeit
9.45 Uhr
- Impulsreferat „Zur besonderen Situation von Jugendlichen im Kontext von Partnerschaftsgewalt“, Prof. Dr. Angelika Henschel, Leuphana Universität Lüneburg hat spezifisch zur Situation von Kindern und Jugendlichen im Kontext von Partnerschaftsgewalt geforscht z.B. Studie „Frauenhauskinder und ihr Weg ins Leben“ (Rezension) und sie begleitet Projekte verschiedener Praxis-Akteur*innen in diesem Bereich.
- Anschließend Diskussion und Fragen zum Referat
11.15 Uhr
- Gesprächsrunde zur Situation in Südtirol
Dr. Julia Ganterer: Forschende im Bereich Partnerschaftsgewalt u.a. in Südtirol zum Thema „Leiblichkeit und Gewalt. Der Körper als Zeichenträger von Partnerschaftsgewalt bei Frauen*“
Cristina De Paoli: la strada/ der Weg
Michael Benetti: Caritas Männerberatung und Präventionsarbeit an Schulen
Michael Reiner: Südtiroler Jugendring, Leitung Kinder- und Jugendberatungsstelle young+direct
Valentina Marangoni: Frauen gegen Gewalt, FrauenhausdiensteVerena Hafner: AGJD und Mitglied Kerngruppe im Genderfachkreis Jugendarbeit
12.15 Uhr
- „Welche Leerstellen und Handlungsperspektiven werden deutlich?“
Gemeinsame Sammlung im Plenum
13.00 Uhr
- Ende und anschließende Möglichkeit für Kleingruppen und regionale Gespräche
Planungsgruppe:
- Petra Fischnaller und Petra Kiniger – Beratungsstelle und Frauenhausverein „Frauen gegen Gewalt“ Meran
- Sabine Ruedl – Juristin und Präsidentin Frauenhausverein „Frauen gegen Gewalt“
- Dr. Julia Ganterer – Leuphana Universität Lüneburg, Forschende zu Gewalterfahrungen von Frauen in Südtirol
- Prof. Dr. Angelika Henschel – Leuphana Universität Lüneburg
- Birgit Schwarz – Leitung Genderfachkreise der Jugendarbeit Südtirol, netz I Offene Jugendarbeit
Für Fragen o.ä. steht euch Birgit Schwarz jederzeit zur Verfügung: birgit.schwarz_at_netz.bz.it
Statement der Jugendarbeit im Rahmen des "Action Day Frauenmarsch – donne in marcia"