Stories & Presse

Story  »  Mi, 10/11/2021

Geschlechtsspezifische Jugendarbeit quo vadis?

Reflexion der eigenen Haltung und Austausch mit anderen


Geschlechtervielfalt jenseits der binären Ordnung zu berücksichtigen und gleichzeitig geschlechtsspezifische Angebote gestalten… ist das ein Widerspruch, gibt es neue Ideen der Umsetzung dafür und wie stehen wir als pädagogische Fachkräfte ganz persönlich zu diesem Thema?

Dieser Genderfachkreis vom 26.Oktober 2021 fand in einer einzigartigen Atmosphäre der Jugendkirche Meran, einem Projekt des Jugenddienstes Meran statt. In diesem Kontext war es eine besondere Situation für viele der Teilnehmer*innen über das Thema der eigenen geschlechtlichen Prägung zu reflektieren.

Philipp Leeb begleitete diese Reflexionsprozesse mit diversen Methoden (u.a. Theaterarbeit, Bildanalyse, Biographiearbeit). So ging es in einer der ersten Übungen darum, sich in die Zeit als junger Mensch im Alter von ca. 10 Jahren zurückzuversetzen und darüber nachzudenken, was damals Mädchen und Jungen durften, was man selbst über Mädchen/Jungen und Geschlechter so dachte, wie der eigene Umgang mit Rollenerwartungen verlief, ob es Sanktionen gab und ob das eigene Leben anders gewesen wäre, wenn man als das so genannte „andere Geschlecht“, als Mädchen bzw. Junge geboren wäre.
Dies alles verarbeiteten die Teilnehmenden in einem kurzen Text, tauschten sich über die elf wichtigsten Wörter (Elfchen) darin dann anschließend in Kleingruppen und Tandems aus.

Im Plenum teilten wir Erinnerungen zu eigenen Vorbildern dieser Zeit und wie sie unser Verständnis von Geschlecht und Geschlechterverhältnissen prägten. Außerdem positionierten wir uns zu vier Aussagen, die Philipp Leeb im Raum verteilte und tauschten uns zu unseren Deutungen und Bedeutungen dieser aus, bevor Philipp die Aussagen als Positionen der Frauenbewegungen nachskizzierte.

Wie erlebe ich mich in meinem Geschlecht, wer schreibt mir was zu und welche Auswirkungen und Möglichkeiten hat das für meine Arbeit? Durch die Erfahrungen in der Gruppe können neue Blickwinkel eingenommen werden.

Nach dem Mittagessen und anregenden Gesprächen bei Speis und Trank wartete dann eine spannende Übung auf uns, bei der wir in Kleingruppen auf ein Flipchart die „Welt einer Insel mit Männern“ beschreiben sollten. Die Ergebnisse und Diskussionen dazu zeigten die jeweils persönlichen und gesellschaftlich geprägten Ideen und Prägungen von uns allen und ließen uns erneut darüber nachdenken, wie wir Geschlechterverhältnisse erleben, leben und leben wollen.

Abschließend begaben wir uns dann auf eine Reise zu einer Begegnung mit Aliens, die Geschlechter nicht kennen. Ihnen sollten wir erklären wie dies auf unserer Welt so ist und was wir darunter verstehen.

Neben der eigenen Reflexion erhielten die Teilnehmenden viele Ideen, wie sie im Gespräch und in Begleitung junger Menschen Reflexionsprozesse anstoßen können und wie wichtig es ist, die eigene Prägung und Haltung diesbezüglich immer wieder zu reflektieren, denn grundlegend geht es dabei nicht um die Belehrung junger Menschen sondern darum, dass sie sich durch die Reflexion aktiv zu sich selbst verhalten und ihre eigene Entwicklung selbstbestimmt im Sinne gendersensibler Zugänge gestalten können.

Umrahmt wurde der Genderfachkreis von der Ausstellung „Lieber GLEICHberechtigt, als später!“, die geschlechtsspezifische Ungleichheiten, Probleme und Herausforderungen ebenso thematisiert wie schon bestehende Umgangsstrategien und erste Lösungsansätze. Auch hier eine Möglichkeit sich Sensibilisierungsmaterialien in die Einrichtung und die Jugendarbeit zu holen.

Ein herzlicher Dank geht an Yvonne Rauter, Jugendarbeiterin im Jugendtreff Obermais und Mitglied der Kerngruppe Genderfachkreis sowie dem Jugenddienst Meran für die Gastfreundschaft.

Philipp Leeb ist Gründer und Obmann von poika - Verein für gendersensible Bubenarbeit zahlreiche Kooperationen national und international, zertifizierter Gender-Experte u.a. für das österreichische Bildungs- und Sozialministerium, die Pädagogische Hochschule Wien und Salzburg, das Arbeitsmarktservice Österreich, die Technische Universität Wien. Leeb war Sonderschul- (Schwerpunkt Integrative und Reformpädagogik) und Sprachheillehrer (1996-2010) und arbeitet auch als Kulturarbeiter, Journalist, Sachtext-Autor und Clown.


Downloads

10/11/2021 PDF - Einladung Genderfachkreis 26.10.2021 256 KB herunterladen (geschützt)
10/11/2021 PDF - Präsentation - Genderfachkreis geschlechtssspezifische Jugendarbeit 26.10.2021 820 KB herunterladen (geschützt)